Da der Blog seit kurzem auf der Seite der Weintour München sichtbar ist, hab ich mal versucht, meine Weinverkostung mit einer Münchner Sehenswürdigkeit zu verbinden. Ein kurzes um-die-Ecke-denken ließ mich ganz schnell was Passendes finden… 😉
Der Wein dieses Wochenendes ist ein Barolo. Allen Weinaficinados geht jetzt wahrscheinlich das Herz auf, denn der Barolo gilt als König der italienischen Rotweine. Das Herz der München-Fans schlägt beim Anblick der schönsten Kirche der Stadt höher, der Theatinerkirche.
Was hat der Barolo mit der Theatinerkirche gemeinsam?
Seine Heimat ist die gleiche wie die der Erbauerin des architektonischen Schmuckstücks: Das Piemont.

Henriette Adelaide von Savoyen wurde 1650 mit nur 14 Jahren mit dem späteren bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria verheiratet. Leider ließ der für die Thronfolge wichtige Nachwuchs sehr lange auf sich warten.
Als dieser (Kurfürst Max II Emanuel) 1662 endlich das Licht der Welt erblickte, ließ sie zum Dank die Theatinerkirche erbauen – die erste hochbarocke Kirche nördlich der Alpen.
Damit holte sie sich ein Stück Heimat – die prächtige Barockstadt Turin – in das damals bäuerliche und vom 30jährigen Krieg schwer gezeichnete München. Der Grundstein für München als nördlichste Stadt Italiens war gelegt.
Barock ist am Barolo aber gar nichts. Der Barolo ist kein prunkvoller, opulenter Wein und er gibt kein weich geschwungenes Mundgefühl. Seine Konturen sind kantig und streng, strukturiert von Säure und Tannin. Er ist kein Crowd Pleaser, sondern eher unzugänglich und abweisend. Wer sich aber auf seinen etwas harschen Style einlässt, wird belohnt mit einem besonderen Genusserlebnis aus Eleganz, Kraft und Finesse.
Gab es damals schon Barolo in München?
Auf der kurfürstlichen Tafel zu München könnte er durchaus zum Einsatz gekommen sein. Schon im Mittelalter wurden Weine aus Italien, die sogenannten Welschweine, nach München importiert. Ob er da schon den Namen Barolo trug, ist unbekannt. Erste Erwähnungen als „Barolo“ finden sich erst 1730.
Sicher ist aber, dass bereits die Römer im Piemont Wein kultivierten. Auch die Rebsorte Nebbiolo, aus der der Barolo zu 100% bestehen muss, wird bereits im 13. Jahrhundert genannt.
Der Geschmack allerdings war ein anderer, ein Barolo aus dem 17. Jahrhundert schmeckte süß. Die Nebbiolo-Traube reift sehr spät, deshalb wurde der Wein in den kalten Wintermonaten vergoren. Die Hefen, die den Zucker in Alkohol umwandeln, stellen ihre Arbeit ein, wenn ihnen zu kalt ist. Entsprechend war der Wein nicht durchgegoren und es verblieb immer eine Restsüße. Erst um 1850 entstand der trockene Barolo wie wir ihn heute trinken.
2005 Barolo „Virna“, Az. Agr. Virna Borgogno, Piemont, Italien
Diese Flasche bekam ich vor einigen Monaten geschenkt. Sie diente jahrelang als Dekostück, war also nicht weingerecht gelagert. Deshalb bin ich sehr gespannt, ob er noch trinkbar ist- und wenn ja, wie er sich präsentiert.
Die falsche Lagerung zeigt sich beim Öffnen, denn der Korken bricht ab, und ein Teil davon bleibt im Flaschenhals stecken. Wäre der Wein liegend gelagert worden und nicht im Regal gestanden, wäre das nicht passiert. Durch die liegende Aufbewahrung bleibt der Korken feucht. Das verhindert, dass der Korken austrocknet und bröselig wird. Mit einem Teesieb konnte ich den Wein aber ohne Korkenkrümel ins Glas schenken.
Wie hier gut zu sehen, blitzt ziegelsteinfarbenes braun-granatrot aus dem Glas. Der Touch ins bräunliche liegt an seiner Reife, er ist immerhin schon fast 15 Jahre alt (eine Gemeinsamkeit zu Henriette Adelaide, die in diesem Alter nach München verheiratet wurde ;-))
Verkostung:
ln der Nase eine leichte Sauerkirsch-Note, die aber von erdigen Komponenten wie Laub und Leder überlagert wird. Zwischendrin mal etwas nasser Hund, was aber gottseidank schnell wieder weg ist. Er hat durchaus etwas Tiefe und trotz der Kühle einen Hauch würziger Wärme.
Am Gaumen bestätigt sich der erdig-würzige Ton. Sofort spürbar ist seine Säure (mittel -), die aber durch die Reife wundervoll in den mittleren Körper integriert ist. Die Tannine sind erstmal butterweich, aber hintenraus doch noch adstrindierend. Anfangs leichte Bitterkeit im Abgang (mittel -), die aber nach ner guten halben Stunde weg ist. Ein Barolo, der trotz seiner Ecken und Kanten rund ist – was beweist, für manche Weine muss man halt Geduld haben…
Ich bin wirklich positiv überrascht! Der Wein war ursprünglich mit 21€ dotiert, also ein günstiger „Einstiegs-Barolo“. Gute Qualität für weniger zu finden, ist schwierig (für einen Barolo, nicht generell für Wein!). Für die exquisiteren Baroli muss man schon einiges mehr hinlegen.
Gute Qualität finde ich, hat er: 2005 war in Italien ein nur durchschnittlicher Jahrgang. Darüber hinaus noch die schlechte Lagerung – ich habe wirklich nicht viel erwartet, eigentlich sogar damit gerechnet, dass er oxidiert oder einfach hinüber ist. Aber dieser Wein war noch lebendig und wirklich gut – das hat er auch am nächsten Abend noch bewiesen!